Im Rahmen seiner Tätigkeit für die Verlage von Johann Theodor de Bry und Lucas Jennis kam Matthäus Merian d.Ä. mit einigen der wichtigsten Arztalchemisten seiner Zeit in Kontakt, da er die Autorenporträts für deren in Frankfurt und Oppenheim verlegte Bücher anfertigte. Mit Blick auf die Porträtierten – Michael Maier, Robert Fludd und Johann Daniel Mylius – kann man Merian als einen der Porträtisten der Alchemikerszene im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts bezeichnen. Die Fachautoren, oft weitgereiste und schillernde Persönlichkeiten, gehörten zu den Verteidigern der ‚richtigen‘ (häufig paracelsischen) Alchemie, die nicht nach Gold, sondern nach universellen Heilmitteln und allumfassender Erkenntnis strebten. Andererseits mussten sie sich gegen die scharfen Angriffe der Feinde der Alchemie verteidigen, etwa mithilfe eines würdigen Porträts.
Um ihre Wissenschaft zu finanzieren oder etablieren zu können, wurden wichtige Werke an alchemiebegeisterte Fürsten oder auch an einflussreiche Frankfurter Patrizier dediziert. Vor allem Lucas Jennis verkündete – ganz anders als De Bry oder Merian – offen seine Sympathie für die Alchemikerkreise, zu deren erster Adresse als Verleger er sich entwickelt hatte. In deren bis an die Höfe in Heidelberg, Kassel und Butzbach reichenden Netzwerke tauchte der junge Merian ein und kam unter anderem mit den Befürwortern der gerade aufflammenden Rosenkreuzerbewegung in engeren Kontakt. Für den Rosenkreuzer Daniel Mögling schuf Merian 1618 die – laut Carlos Gilly – schönste Bilderserie, die der Idee der umstrittenen Reformbewegung fortan ein bildliches Pendant verlieh. Bei der näheren Betrachtung des Stammbuchs des jungen Medizinstudenten und Alchemisten Daniel Stoltzius von Stoltzenberg wird überdies – erstmals im Rahmen der virtuellen Ausstellung – der überregional vernetzte, bislang unbekannte Frankfurter Alchemikerkreis sichtbar. Das laut dem Merian-Kenner Lucas Wüthrich beste Nachtstück des Künstlers – Nox – scheint sich in den Themenkreis der ‚Freunde des Vulcanus‘ einordnen zu lassen…
Von guten und schlechten Alchemisten
Matthäus Merian d.Ä., Titelblatt für Michael Maier, Examen fucorum pseudo-chymicorum detectorum et in gratier veritatis mantium succicte refutatorum, Frankfurt: Johann Theodor de Bry 1617 weiterlesen…
Matthäus Merian d.Ä. Autorenporträt Michael Maier und Wappen, 1617, Radierung, bez. Aetatis svae 49 Ao 1617, hier gezeigt: Frontispiz in Ders., Septimana philosophica, Frankfurt: Lucas Jennis 1620, UB Frankfurt, Sign. 8° P.5.75
Michael Maiers Erscheinungsbild – und ebenso sein Geburtsjahr – ist uns primär durch Merians Autorenbild von 1617 bekannt, das Maiers Symbola aurea mensae (1617), der Ausgabe der Atalanta fugiens von 1618 und Septimana philosophica (1620) vorangestellt ist. weiterlesen…
Matthäus Merian d.Ä., Autorenporträt Johann Daniel Mylius von 1618, Radierung, bez. AETATIS SVAE 33 A° 1618, hier gezeigt Frontispiz in: Johann Daniel Mylius, Antidotarium medico-chymicum reformatum, Frankfurt: Lucas Jennis 1620, UB Frankfurt, Sign. 8° R 786.9562
Das im Jahre 1618 angefertigte Autorenporträt von Johann Daniel Mylius (1585- nach 1631) zeigt den damals 33-Jähringen als Halbfigur in einem hochovalen Rahmen. Merian porträtierte Mylius hier zu einem Zeitpunkt, zu dem der Gelehrte bereits fest im hessischen Alchemistennetzwerk etabliert war. weiterlesen…
Matthäus Merian d.Ä., Autorenporträt Robert Fludd, Radierung, in: Philosophia sacra & vere Christiana seu Meteorologia cosmica, Frankfurt: Johann Theodor de Bry 1626, signiert Mattheus Merian Basilien: fecit, Epigramm J. Ludovicus Gotofridus (1584-1633), National Portrait Gallery, London, Inv. Nr. NPG D27939 (beschnitten, fehlt Epigramm)
Die Radierung diente als Autorenporträt für die Lektüre von Meteorologia Cosmica aus dem Jahr 1626. Merian signierte ausführlich mit Mattheus Merian Basilien: fecit. weiterlesen…
Matthäus Merian d.Ä., Autorenporträt Daniel Sennert von 1627, Radierung, bez. AETATIS 55 / 1627, signiert M: Merian fc:, hier gezeigt: Frontispiz in Daniel Sennert, Institutionum Medicinae, Wittenberg 1628, UB Frankfurt, Sign. 8° R 786.9562 weiterlesen…
Frankfurt in den Bildern der Alchemie weiterlesen…
Unsichtbare Netzwerke – Der Frankfurter Alchemikerkreis
Daniel Stoltzius von Stoltzenbergs Stammbuch, 1622-1628, Universitätsbibliothek Uppsala, Signatur Ms. Y 132 d
hier gezeigt Lucas Jennis, Eintrag im Stammbuch des Daniel Stoltzius von Stoltzenberg, Frankfurt 1622, S. 422f.
Das Stammbuch des Daniel Stoltzius von Stoltzenberg (geb. um 1600 in Kuttenberg (Kutná Hora), Böhmen, gest. nach 1644) ist eine unschätzbare Quelle zur Geistesgeschichte, Gruppenbildung und zur hohen Kunst des Netzwerkens in der Frühen Neuzeit. In ihm sind sowohl ein Destillat der alchemistischen Traditionen der Epoche als auch individuelle Inskriptionen von der Gelehrtenschicht im Europa des frühen 17. Jahrhunderts enthalten. weiterlesen…
Kommunizieren mit Bildern – Frankfurter Alchemikerkreise am Beispiel des Stoltzenberg Stammbuchs
hier gezeigt Johann Hartmann Beyer und Petrus Uffenbach, Eintrag im Stammbuch des Daniel Stoltzius von Stoltzenberg, 1622-1628, Gouache, Frankfurt 1622, hier S. 314f., Oktober 1623, Universitätsbibliothek Uppsala, Sign. Ms. Y 132 d weiterlesen…
Brief Michael Maier an Johann Hartmann Beyer (1563-1625) vom 20. Oktober 1617, UB Frankfurt, Sign. Ms. Ff. J. H. Beyer A Nr. 161, f. 207r und Porträt Johann Hartmann Beyer, Kopie des Originals von Robert Forell (1858-1927), 1907, 126 x 102 cm, Porträtsammlung Dr. Senckenbergische Stiftung, Inv. Nr. 113
Johann Hartmann Beyer war der Sohn des lutherischen Prädikanten und Melanchthon-Schülers Hartmann Beyer. Er füllte das Amt des Frankfurter Stadtarztes aus, wurde 1612 Schöffe des Rates und 1614 für ein Jahr Bürgermeister der Reichsstadt am Main. weiterlesen…
Philipp Uffenbach, Eintrag im Stammbuch des Daniel Stoltzius von Stoltzenberg, 1622-1628, Gouache, Frankfurt 1622, hier S. 379, Universitätsbibliothek Uppsala, Sign. Ms. Y 132 d
Die drei ersten Einträge im Stammbuch des Daniel Stoltzius stammen aus dem Jahr 1622, aber nur zwei von ihnen aus Frankfurt, der dritte folgte im November in Kassel. Nach Lucas Jennis, dem Freund und Verleger des Daniel Stoltzius, trug sich als zweiter und damit einziger weiterer Frankfurter in diesem Jahr der Maler Philipp Uffenbach (1566-1636) in dieses Stammbuch ein. weiterlesen…
Matthäus Merian d.Ä., Der Barmherzige Samariter, Emblematischer Eintrag in Daniel Stoltzius von Stoltzenbergs Stammbuch, 1622-1628, Basel, 2. Januar 1624, lavierte Federzeichnung, 110 x 140 mm, hier S. 452, UB Uppsala, Ms. Y 132 d
Im Januar 1624 hat sich Matthäus Merian in Basel in das Stammbuch des paracelsischen Arztes und Michael Maier-Schülers Daniel Stoltzius von Stoltzenberg (1600-1644) eingetragen. weiterlesen…
Matthäus Merian d.Ä., Nox – Die Vier Tageszeiten (Blatt 4), 18,2 x 27,6 cm, bez. MATTH. MERIAN. 1624 (als Dedikator) und M. Dan: Stolcius d. S. Bohm: / Poet: Laur: Cor: f. (als Dichter), Verleger Peter Aubry, Basel 1624, Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig, Inv. Nr. MMerian WB 3.38
1624 verfasste der junge Medizinstudent Daniel Stoltzius von Stoltzenberg, den Merian über den Verleger Lucas Jennis näher kennengelernt haben muss, die tiefgründigen Distichen für die Stichfolge der Vier Tageszeiten. weiterlesen…
Verbindung der Verlage zu den Höfen und zur Bewegung der Rosenkreuzer
Matthäus Merian d.Ä., Domus Sancti Spiritus der Fraternität von Christian Rosenkreuz / Turm der Rosenkreuzer, in: Theophil Schweighart (=Daniel Mögling), Speculumsophicum rhodo-stauroticum. Das ist: Weitläuffige Entdeckung deß Collegii unnd axiomatum von der sondern erleuchten Fraternitet Christ-RosenCreutz, Frankfurt: Johann Theodor de Bry 1618, Radierung weiterlesen…
Merian illustriert die Idee der Rosenkreuzer, Speculum Sophicum Rhodo-Stauroticum, 1618
Matthäus Merian d.Ä., Ergon / Parergon, in: Theophil Schweighart (=Daniel Mögling), Speculumsophicum rhodo-stauroticum. Das ist: Weitläuffige Entdeckung deß Collegii unnd axiomatum von der sondern erleuchten Fraternitet Christ-RosenCreutz, Frankfurt: Johann Theodor de Bry 1618, Radierung weiterlesen…
Neufund: Daniel Möglings Stammbucheintrag von 1616
Eintrag Daniel Möglings in das Album amicorum des Matthias Heuschkel von 1616, in: Nicolaus Taurellus, Emblemata physico-ethica, Nürnberg: C. Lochner 1602, N3, Philip Mills Arnold Collection, Washington University Libraries, Sign. N7740 .T38 1602
Zu Beginn des 17. Jahrhundert verwendete der Altdorfer Medizinstudent Matthias Heuschkel das Emblembuch von 1602 als album amicorum. Auch Daniel Mögling, dessen Rosenkreuzerschrift Matthäus Merian illustrierte, gehörte zu Heuschkels engeren amici, weshalb er sich mit einer gelehrten Handzeichnung verewigte. weiterlesen…
Moritz der Gelehrte, Skizze eines Laboratoriums 1629/30
Landgraf Moritz von Hessen-Kassel, Frankfurt a. M., Bauaufnahme von Hofanlagen und Skizze eines Laboratoriums, 1629/1630, Zeichnung mit Feder und Pinsel, Hessen Kassel Heritage, Graphische Sammlung, Inv. Nr. Marb. Dep. 250a weiterlesen…