Signatur Keller, Entwerfer für Merian

Signatur GK fig.Georg Keller (1568-1634/40) als Entwerfer für Matthäus Merian d.Ä., Titelblatt für Johann Daniel Mylius, Antidotarium, Frankfurt: Lucas Jennis 1620

Auf dem Titelblatt für Johann Daniel Mylius‘ Antidotarium, herausgegeben von Lucas Jennis, sind zwei Signaturen angebracht: GK fig., zu sehen auf der unteren linken Seite des Titelblattes, und MMerian fe., zu finden unten rechts. Diese Kürzel geben Aufschluss über Entwerfer und Stecher des Werks. GK fig. (lat. figurare = gestalten) deutet auf Georg Keller (1568-1634/40) als Entwerfer hin, MMerian fe. (lat. fecit = er hat (es) gemacht) auf Matthäus Merian d.Ä. als ausführenden Kupferstecher. Nur selten findet man sowohl die Signatur des Entwerfers als auch die des Stechers auf den Frankfurter Titelblättern. Im Falle der von Merian gestochenen Titelkupfer ist es sogar das einzige bislang eruierte Beispiel. Daher nimmt das vorliegende Titelblatt eine Sonderstellung ein und wirft die generelle Frage auf, ob Georg Keller möglicherweise relevanter für die hier interessierende Bebilderung der Alchemie gewesen ist, als bisher angenommen. Die notwendige Erfahrung im Gestalten von komplexen und symbolträchtigen alchemistischen Titelblättern hat der Künstler in Andreas Libavius‘ Alchymia in der bebilderten Frankfurter Ausgabe von 1606 bewiesen. Kellers langjähriges Wirken in Frankfurt und ebenso die Verbindung zu den Verlegern und Kupferstechern Eberhard Kieser und Matthäus Merian d.Ä. sowie zu Lucas Jennis und Theodor De Bry als zwei der wichtigsten Verleger alchemistischer Schriften unterstützen die Vermutung, dass Keller hinsichtlich der Gestaltung alchemistischer Blätter eine Schlüsselposition innerhalb der Frankfurter Künstlerschaft eingenommen hat.

Der kaum bekannte Entwerfer, Kupferstecher, Radierer, Maler und Zeichner Georg Keller (1576-1634/40)[1] wurde in Frankfurt am Main geboren und ebendort in der Werkstatt des mutmaßlich an Alchemie interessierten Philipp Uffenbach ausgebildet, bevor er eine vierjährige Lehre bei Jost Amman (1539-1591) in Nürnberg begann. Sein Stil wurde von diesem sowie von Theodor de Bry beeinflusst. Er brachte es in seiner Meisterschaft und Anerkennung so weit, dass er der Lehrer im Zeichnen und Malen für den späteren Kunstschriftsteller Joachim von Sandrart (1606-1688) wurde.[2] Kellers Kupferstiche finden sich in dem von den Gebrüdern De Bry herausgegebenen Werk Ost-Indische Reisen aus den Jahren 1603 und 1606 sowie in dem von Georg Ridinger veröffentlichten Werk Architectur des Maintzischen Churfürstlichen neuen Schloßbawes St: Johannespurg zu Aschaffenburg, veröffentlicht 1616.[3] Neben Sigmund Feyerabend und Matthäus Merian d.Ä. veröffentlichten auch die Verleger Johann Theobald Schönwetter, Hieronymus Galler und Paul Jacobi Stiche Kellers.[4] Womöglich ausgehend von der Mitarbeit in Uffenbachs Werkstatt, steuerte Keller zwischen 1595 und 1628 regelmäßig Kupferstiche, nicht selten größere Einzelblätter, für die Illustration der Frankfurter Meßrelationen bei.[5]

Zu den wenigen ihm zugeschriebenen Ölgemälden zählen das Magdalenenbildnis in der Stiftskirche zu Obermünster bei Regensburg, das Bildnis des Antonius von Padua der Franziskanerkirche zu Regensburg sowie die Aquarelle der Bürgermeistersymbole.[6] Weiterhin arbeitete Keller auch für den Thesaurus Philopoliticus, eine Sammlung von Kupferstichen mit Stadtansichten, welche ab 1623 von Eberhard Kieser und Daniel Meisner herausgegeben wurde. Wichtig ist überdies, dass Stecher häufig nach Vorlagen gearbeitet haben und viele Stiche von Angestellten der Werkstatt entworfen wurden. Ein Vergleich von relevanten Ausgaben des Thesaurus Philopoliticus mit Verlagswerken Jennis‘ ergab, dass Keller zu Jennis‘ Bildervorrat beigetragen haben könnte. Als Angestellter könnte Keller demnach für weit mehr Vorlagen verantwortlich sein und mehr Blätter entworfen haben, als bisher vermutet wurde.[7]

Insgesamt muss das künstlerische Lebenswerk Kellers als noch wenig systematisiert und erforscht bezeichnet werden. Die Reihe der von ihm mitverantworteten Bildinventionen, seine Beziehung zu Philipp Uffenbach (1566-1636), in dessen Werkstatt er ab 1596 Geselle war, und dessen Lehrling Adam Elsheimer (1578-1610) und nicht zuletzt sein künstlerischer Einfluss wären eine nähere Betrachtung wert. Die Graphische Sammlung des Städel Museums weist eine bemerkenswerte quer-oktave Handzeichnung mit Vantitas Motiv und seinem kolorierten Wappen vom 15. Januar 1627 auf (Abb.>),[8] die Kellers Ambitionen im Bereich der Emblemkunst bezeugt. Bei dem zu Boden gestürzten Maler nimmt Keller Bezug auf den vergänglichen Ruhm der Malerei. Der Empfänger seines aufwendigen Stammbucheintrags ist leider nicht ersichtlich.[9]

Lena Konrad (2021)


Literatur

Gwinner, Philipp Friedrich, Kunst und Künstler in Frankfurt am Main vom dreizehnten Jahrhundert bis zur Eröffnung des Städel’schen Kunstinstituts, Frankfurt am Main 1862, S.155-118, S.127f.>; Zülch 1935, S. 444-446; Jacoby, Joachim, Die Zeichnungen von Adam Elsheimer. Kritischer Katalog, Frankfurt 2008 (passim).

Endnoten
  1. Werke z.B. https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/person/gnd/128672455; https://www.britishmuseum.org/collection/term/BIOG33597

  2. https://frankfurter-personenlexikon.de/node/991

  3. Roda, Burkard von, Schloss Aschaffenburg und Pompejanum. Amtlicher Führer, München 1997, S. 25.

  4. Gwinner 1862, S.116; Zülch 1935, S. 445f.

  5. Ebd. S. 445. Siehe auch den Beitrag von Ursula Opitz, (Die Illustrationen Philipp Uffenbachs für die Frankfurter Meßrelationen, Frankfurt 2015>.

  6. Gwinner 1862, S.116; Zülch 1935, S. 445. Gwinner schreibt das Magdalenenbildnis sowie das Bildnis des Antonius von Padua Keller zu, Zülch zweifelt die Zuschreibung an.

  7. Trenczack 1965, S. 334.

  8. Bezeichnung Georg Keller, Bürg(er) und Wahler ihn Franckfurth am Main, hab dieses min Wappen Zur gutten gedechtnus hierher gemacht meiner im besten darbey / zu gedencken, den 15 Januarii Anno 1627; Supscriptio: Bloss bistu auf Erden komen, Nacket wirstu wider Hien genohmen / Was Bath dich den dein Zeitlich Zier Du grygest doch nichts mehr dafür, 12,5x20cm, Graphische Sammlung des Städel Museums, Frankfurt, Inv. Nr. 6285>. Vgl.

  9. Schwarzweller, Kurt / Schilling, Edmund, Städelsches Kunstinstitut. Katalog der deutschen Zeichnungen, 1973, Nr. 439. Zuletzt Babin, Sarah, ’Kunst geht nach Brot!’ Einige Bemerkungen zu Künstlerklagen in Stammbüchern des 17. Jahrhunderts, in: Die Klage des Künstlers, hg. von Birgit Ulrike Münch, Andreas Tacke, Markwart Herzog und Sylvia Heudecker, Petersberg 2015, S. 160-170, hier S. 163-164, Abb. 3 (Freundlicher Hinweis Martin Sonnabend, Graphische Sammlung Städel Museum).