Personifikation der vier Elemente Philosophia reformata

Balthasar Schwan, Personifikation der vier Elemente, Detail aus Johann Daniel Mylius, Philosophia reformata, Frankfurt: Lucas Jennis 1622, S. 96, UB Frankfurt, Sign. Occ. 1054 (und weiteres Exemplar 8° P 192.5056)

Die beiden Bücher der Philosophia reformata enthalten insgesamt drei Kupferstichserien bzw. Bildzyklen. Die 64 Kupferstiche befinden sich, bis auf einen Stich, alle im ersten Buch und entstammen der Hand des wenig erforschten Balthasar Schwan (gest. 1624). Seine Signatur – Baltzer Schwan fecit – ist auf dem Titelkupfer zu sehen (Abb.). Vielfach haben sich seine Illustrationen auf Bildfindungen bezogen, die Merian d.Ä. für Alchemica illustrata angefertigt hat. Gleichzeitig kommt Schwan – mit einer relativ kurzen Wirkungszeit in Frankfurt zwischen 1618 und 1624 – durchaus ein großer, noch nicht ausreichend beleuchteter und verifizierter Eigenanteil bei der ‚Bebilderung der Alchemie‘ in den Frankfurter Verlagen zu.[1] Neben Merian d.Ä. und Georg Keller gehörte Balthasar Schwan sicherlich zu den wichtigsten Protagonisten.

Schwans Stiche setzen sich im Falle der Philosophia reformata hauptsächlich aus jeweils vier miteinander kombinierten Emblemen zusammen. Auch für diese Bildserien hat er sich – sicherlich in Zusammenarbeit mit dem Autor und dem Verleger – ausgiebig am Formengut bereits verausgabter Bilderserien bedient und zugleich Zusätze und eigenständige Transformationen vorgenommen. Die ersten 28 Embleme sind einzigartige Bildschöpfungen für die Sammelschrift von Mylius. Wohingegen der zweite Zyklus einer Überarbeitung der 20 Embleme des 1550 in Frankfurt verlegten Rosarium philosophorum entspricht. Bei den letzten 13 Emblemen orientierte sich Balthasar Schwan offenkundig an den Azoth Serien von Basilius Valentinus für die Schrift Occvlta philosophia von 1613.

Die in Mylius’ Philosophia reformata gezeigte Bildinvention spiegelt die Vier-Elemente-Lehre wieder. Diese von Empedokles und Aristoteles systematisierte Lehre war für die Alchemisten die Grundlage der Materie. Ihr zufolge bilden sich alle Gegenstände aus der Urmaterie (prote hyle), die aus vier elementaren Stoffen strukturiert ist. Die prägnante und daher häufig kopierte Darstellung Schwans befindet sich innerhalb der ersten Bildserie und ist die Nummer 2 einer vierteiligen, mit Nummern versehenen Illustration, die Dreiviertel der Seite einnimmt. Schwan personifiziert die Elemente mit vier weiblichen Götterfiguren, die auf Kugeln stehen. Die Kugeln sind gut verständlich mit den jeweiligen Elementsymbolen ausgestattet. Die schweren Elemente Erde und Wasser werden durch die nach unten gerichteten Dreiecke in den beiden linken Kugeln dargestellt. Das äußere Dreieck wird mit einer Querlinie im Inneren ergänzt und symbolisiert das Element Erde, wohingegen die nach oben gerichteten Dreiecke in den beiden rechten Kugeln die Elemente Luft – ebenfalls ein Dreieck mit einer Querlinie – und Feuer symbolisieren. Zusätzlich ist auf den Köpfen der Göttinnen jeweils eine Glasphiole, das typische Arbeitsgerät der Alchemisten, platziert. Von links nach rechts enthalten die Phiolen, einen Homunculus (?),[2] eine weiße Rose sowie einen Phönix und einen Löwen. Diese symbolisieren die vier Phasen des Opus magnum, die zusätzlich bekanntlich jeweils mit einer Farbe in Verbindung gebracht werden; schwarz (nigredo), weiß (albedo), gelb (citrinitas), rot (rubedo). Die Zahl Vier spielt somit eine entscheidende Rolle für die Alchemisten und zieht sich wie ein roter Faden durch die alchemistischen Prozesse und die ganze Publikation.

Ela Dutta (2021)


Literatur

Wiederverwendet in Daniel Stoltzius von Stoltzenberg, Viridarium, Frankfurt: Lucas Jennis 1624, Fig. XXXIV

Humberg 2012, bes. S. 197-318 und passim; Laube, Stefan, Eintrag Materie: Kombinatorik und Symbolik, in: Akat. Goldenes Wissen 2014, S. 186; siehe auch der hier publizierte Beitrag Johann Daniel Mylius, Philosophia reformata

Online-Exemplar UB Frankfurt

Endnoten
  1. Siehe Wüthrich Bd. 2, 1972, S. 95f. und 162; vgl. VD17 39:123251E

  2. Laube 2014 sieht hier einen Schatten, aber die menschliche Figur ist eindeutig erkennbar.