Eintrag Daniel Möglings in das Album amicorum des Matthias Heuschkel von 1616, in: Nicolaus Taurellus, Emblemata physico-ethica, Nürnberg: C. Lochner 1602, N3, Philip Mills Arnold Collection, Washington University Libraries, Sign. N7740 .T38 1602
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts verwendete der Altdorfer Medizinstudent Matthias Heuschkel das Emblembuch von 1602 als Album amicorum. Auch Daniel Mögling, dessen Rosenkreuzerschrift Matthäus Merian 1618 illustrierte, gehörte zu Heuschkels amici, weshalb er sich mit einer gelehrten Handzeichnung verewigte (M. Daniel Mögling). Dieselbe zeigt Möglings Interesse an der bildenden Kunst beziehungsweise an der Verbildlichung seines Verständnisses als Alchemist. Augenscheinlich korrespondiert der alchemisch konnotierte Eintrag mit dem von Nicolaus Taurellus (1547-1606) entwickelten Emblem auf der gegenüberliegenden Seite – Nr. 3 Ex ramo enascitur arbor […]. Dort wie bei Möglings Zeichnung geht es unter anderem um die allegorische Darstellung des Prinzips der Veredelung (vgl. Propfreis). Vermutlich hat Mögling am 1602 gedruckten Emblem des Altdorfer Professors (Rhetorik, Physik und Medizin) und Gelegenheitsdichters Taurellus das später immer wieder bei ihm zu findende Motiv des aus dem Baum sprießenden Astes entlehnt. Nicht nur findet sich das Baummotiv auf dem zugehörigen Titelblatt (Abb.>), auch weitere Vergleiche zu Matthäus Merians Illustrationen für Möglings Speculum sophicum rhodo-stauroticum (1618) sind zu ziehen. Größte motivische, offenbar vorbildliche Nähe besteht dort zur Radierung Ergon / Parergon mit einem im Wasser nach Rohstoffen fischenden Naturkundler, simultaner Feuertätigkeit und dem Einfluss der Sonne. Aber bereits 1617 taucht der neu austreibende, zuvor abgeholzte Baum in Möglings [Theophilus Schweigharts] Sendschreiben /An die Bruederschafft deß hochloeblichen Ordens deß Rosenkreutzes mit einem Kupfferstuecklein – integriert in die Pandora sextae aetatis von 1617 (Seite 19-27) – auf (Abb.>).
Der künstlerische Stammbucheintrag, der der Mögling-Forschung ein wichtiges Detail beifügt und die Rolle der Altdorfer Universität für die Verbreitung des frühen Rosenkreuzertums unterstreicht, wurde erst 2018 von Studenten der Literaturwissenschaften bei einem Seminar in der Washingtoner Universitätsbibliothek entdeckt. Durch Zufall sind wir im Projekt auf den (aktuell deaktivierten) Blogeintrag aus Washington gestoßen, der die Handzeichnung zeigt. Als weitere Beiträger mit Eintrag und (kolorierten) Zeichnungen werden dort aufgeführt: Georgius Rittershusius (Altdorf, 3. Oktober 1616); Nicolaus Rittershusius (1616); Ludovicus Rittershusius (Altdorf, September 1616); Iohan. Georg. Agricola (Altdorf, 27 September 1616); Bonaventura Reyhing (Altdorf, 1616).[1]Vgl. auch Katalogeintrag Washington University Libraries. Reyhing (auch Reihing oder Reichling) war ein enger Vertrauter des angehenden Mediziners, der gleichfalls in Altdorf studierte (allerdings Theologie) und Möglings Interesse an der Visualisierung hermetischer Wahrheiten teilte, womöglich sogar als Illustrator der doppelseitigen Illustration von Möglings Rosenkreuzerschrift Pandora sextae aetatis (1617) fungierte. Zumindest beschriftete der Tübinger Christoph Besold (1577-1638) in seinem Privatexemplar das ligierte Monogramm BRS mit Bonaventura Reihing Stuttgardianus.[2]Gilly, Akat. Rosenkreuzer im Spiegel 1995, S. 131, Nr. 202a und b; Gilly 2012. In Gillys Email vom März 2021 heißt es noch „Bei der Beschreibung des (verwandten) Kupferblatts von Reyhing in der … weiterlesen Seinen Eintrag mit Diagramm in Heuschkels Stammbuch überschrieb Reyhing unmissverständlich sowohl mit dem Motto des Christian Rosenkreutz aus der Chymischen Hochzeit (1616) – Summa scientia nihil scire – als auch mit dem paracelsischen Wahlspruch Alterius non sit, qui suus esse potest (Abb.> oder>). Hier prangt das Monogramm BRS sogar prominent in der Bildmitte.
Aus Anlass des Projektes Matthäus Merian d.Ä. und die Bebilderung der Alchemie wurde seitens der Washington University Libraries die partielle Digitalisierung des Bandes veranlasst (Besonderer Dank gilt Christie Peters und Cassie Brand!). Nähere Untersuchungen stehen noch aus. Carlos Gilly verweist in diesem Zusammenhang auf die Verwandtschaft mit Möglings Eintrag in das Stammbuch des Johann Ludwig Medinger vom 27. März 1619.[3]Siehe Ingeborg Krekler, Die Stammbücher bis 1625. Die Handschriften der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart, Sonderreihe 3, Wiesbaden 1999, Nr. 52. (Tübingen 1621, 322r). Freundlicher … weiterlesen
Berit Wagner (2021)
Zusatz: Der Stammbuchhalter Heuschkel war später möglicherweise Arzt in Königsberg, vgl. https://d-nb.info/gnd/1057639508 (Freundlicher Hinweis Werner Wilhelm Schnabel, Repertorium Alborum Amicorum, Sept. 2023)
Literatur
Eintrag zum Stammbuch in Washington>
Eintrag zum Stammbuch im Repertorium Alborum Amicorum (RAA)>
Korn, Uwe Maximilian, ‘Bilderfahrzeug’ of the Rosicrucians. Daniel Möglings Speculum Sophicum Rhodostauroticum (1618) in Print and Manuscript, in: Between Manuscript and Print, hg. von Sylvia Brockstieger und Paul Schweitzer-Martin, Berlin/Boston 2023, S. 159-186, hier S. 180f.
Endnoten
↑1 | Vgl. auch Katalogeintrag Washington University Libraries. |
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↑2 | Gilly, Akat. Rosenkreuzer im Spiegel 1995, S. 131, Nr. 202a und b; Gilly 2012. In Gillys Email vom März 2021 heißt es noch „Bei der Beschreibung des (verwandten) Kupferblatts von Reyhing in der Pandora sextae aetatis, 1617, vergessen Sie nicht zu erwähnen, dass die Initialen rund um das Kreuz im Zentrum genau den Initialen der ersten 8 Mitglieder entsprechen, die in der Fama Fraternitatis von 1614 namentlich Erwähnung fanden.“ Siehe Illustration, gehoert zum 20. Blat Abb.>. Siehe zu Reyhing ausführlich Neumann 1995, S. 98ff. |
↑3 | Siehe Ingeborg Krekler, Die Stammbücher bis 1625. Die Handschriften der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart, Sonderreihe 3, Wiesbaden 1999, Nr. 52. (Tübingen 1621, 322r). Freundlicher Hinweis von Carlos Gilly, Email vom März 2021 mit der Ergänzung „Möglings Blatt mit dem Vergleich der Verschiebung des Inneren und Äusseren Menschen mit der Bewegung von Sonnen- und Mondesfinsternis ist sehr aufschlussreich. Motus Lunae verus / Motus solis apparens Oculus humanus / ratio humana. Was der Axt mit dem Kürzel IP bedeutet, weiss ich nicht. Das komplette Zitat bei Diego de Stella finden Sie hier: Diego de Estella, De Contemnendis Mundi vanitatibus, Köln: Hermann Mylius 1611, S. 260f. Das Zitat aus Arndt: Wahres Christentum, Buch I, Kap. 29, Abs. 7-8.“ |